Leipzig ist nicht schön. Zumindest nicht nur schön. Klar, der Hauptbahnhof ist prachtvoll. Das Bundesverwaltungsgericht, die Nationalbibliothek, das
Völkerschlachtdenkmal - alles eindrucksvolle Zeugnisse einer reichen bürgerlichen Gründerzeit. Aber gegen das Elbufer in Dresden oder den Kölner Dom kommt das nicht an. Soll es auch gar nicht.
Denn der Reiz von Leipzig liegt ganz woanders. Der liegt in einer Ästhetik, die niemals perfekt, sondern oft improvisiert ist. Die Brüche zeigt und selber fragil ist. Die Größe und Wohlstand
kannte, aber auch den Absturz und den Neuanfang. Mit anderen Worten: Wer Leipzig mögen will, der muss Ruinen lieben.
Vor ein paar Jahren noch hatten die Menschen in Leipzig diese Sorgen: 30000 leer stehende Wohnungen, so viele Arme wie nirgendwo sonst in Deutschland, mehr Männer
als Frauen. Denn die Frauen gingen alle in den Westen, wo die Jobs besser bezahlt waren. Und jetzt? Jetzt ziehen jedes Jahr so viele Neubürger nach Leipzig, dass junge Eltern sich fragen, wo sie
eine Schule für ihr Kind finden. Leipzig wächst um gut 10000 Einwohner pro Jahr...