Maputo: Verblichene Perle am Indischen Ozean

In eine Gegend zu reisen, die gerade noch blutige Ausschreitungen gesehen hat, fühlt sich merkwürdig an. Und noch merkwürdiger ist es, wenn man nichts davon merkt. Vier Tage und eine Bootsfahrt mit den Reichen und Priviligierten in Mosambik - einem Land, das zu den zehn ärmsten der Welt zählt. 

Zeit für einen Neuanfang in Mosmabik, das trotz reicher Rohstoffvorkommen zu den zehn ärmsten Ländern der Welt zählt.

Offene Cafés und schattige Straßen in Sommerschield

Im Diplomatenviertel Sommerschield werfen zierliche Bäume zarte Schatten auf Straßen und Gehwege. In den schmalen, eher bescheidenen Seitenstraßen ist auch die deutsche Botschaft untergebracht. Noch - denn das Auswärtige Amt baut derzeit wie die Amerikaner einen Hochsicherheitstrakt am Küsten-Highway. NGOs und die internationale Schule haben sich für hohe Mieten in den zwei- bis dreistöckigen, schlichten Häusern des Viertels einquartiert. Man trifft sich zum Mittagessen im Innenhof der schicken Fundação Fernando Leite Couto oder im Campo de Fiori, das mitten in einem hübschen kleinen Park liegt. Überall im Viertel und entlang der Avenida Julius Nyerere gibt es offene Restaurants und Straßencafés, in denen frisch gepresste Säfte, der Fangfisch des Tages und Pasta serviert werden.

Henning Mankell liebte diese Stadt und schenkte ihr ein Theater. Auch ich verfalle langsam dem Charme von Maputo, das sich wie nur wenige urbane Zentren in Entwicklungsländern lebenswert und zugänglich zeigt.

Sonnenuntergang in Pastelltönen auf der Terrasse vom Hotel Cardoso.

Militärmission mit Crémetörtchen

Zumal Soldaten in diesen Tagen kaum zu sehen sind. Mit Ausnahme des Cardoso. Eine europäische Militärmission hat sich in dem 4-Sterne Hotel einquartiert. Sie ist da, um die mosambikanischen Streitkräfte auszubilden - nicht an der Waffe, wie es heißt, nur organisatorisch. Während die deutsche und die US-Botschaft Sicherheitswarnungen über Blockaden auf der wichtigen Verbindungsstraße Richtung Südafrika aufs Telefon schicken, versorgen sich die Soldaten morgens um 9 Uhr mit portugiesischen Crémetörtchen. Nachmittags um 17 Uhr scheint der Arbeitstag abgeschlossen, nicht wenige bräunen ihre durchtrainierten Körper am Pool. Am frühen Abend bietet die untergehende Sonne vor dem Hotel ein solches Schauspiel, dass keine auswärtige Unterhaltung notwendig ist.

Wirtschaftswachstum in Mosambik bricht ein

Seit der Wahl am 9. Oktober 2024 wird Mosambik von einer schweren politischen Krise erschüttert. Oppositionskandidat Venâncio Mondlane, selbst ein Sproß der FRELIMO-Politikerelite, focht die Wahl an. Sein Anwalt wurde erschossen, er selbst floh nach Südafrika und kehrte erst im Januar zurück. In den blutigen Demonstrationen, Straßen- und Betriebsblockaden starben hunderte Menschen. Das Wirtschaftswachstum in Mosambik, das mit einem Bruttoinlandsprodukt von 647,14 US-Dollar pro Kopf auf Platz zehn der ärmsten Länder der Welt liegt (World Economic Outlook, IWF; Stand: Oktober 2023) brach 2024 auf magere 1,5 Prozent ein.

Ausflugsgesellschaft nach Inhaca

Weil ich den Agenturvertreter überredet habe, mich im Auto mitzunehmen, komme ich als letzte an. Der kleine Quai, von dem das Ausflugsboot nach Inhaca startet, ist baufällig. Überall an der Küstenlinie gibt es diese informellen Häfen, von denen Fähren ablegen, die Fischer morgens in See stechen, wo Segelboote und Jachten geparkt werden. Der eigentliche Hafen von Maputo wird von einem Deutschen geleitet. Er gehört einem Joint Venture des Staates mit der in Dubai ansässigen Firma DP World und ist nicht öffentlich zugänglich.

Ohne uns geht es nicht, alle anderen müssen folglich warten. Daher ist auch die Passagierliste schon fertig ausgefüllt, als ich mich eintrage: Sechs mosambikanische Pärchen, zwei ältere portugiesisch-stämmige Damen und zwei (inklusive mir) albano-amerikanische Touristinnen haben sich angemeldet. Wir vergleichen Preise. Außer der Amerikanerin, die von Get-your-Guide abgezockt wurde, haben wir alle gleich viel bezahlt: ca 84 Euro für den Tag inklusive Mittagessen und Wasser.  Rum, Wein und andere Alkoholika per Flasche kosten extra, und werden später gern geordert. Anders als in vielen touristischen Hochburgen von Österreich bis Äthiopien gilt für Einheimische wie Gäste der gleiche Tarif. Ein stolzer Preis für Mosambik, wo selbst Bankangestellte nur einige hundert Euro im Monat verdienen.

Die portugiesische Buchhändlerin Natalia, mit der ich auf dem Boot schnell ins Gespräch komme, ist seit 1960 im Land. Sie kennt sich aus und schüttelt doch den Kopf: "Ich weiß nicht, woher sie das Geld haben", sagt sie vielsagend.

Kohl und Zwiebeln in der Markthalle

Inhaca ist eine vorgelagerte Insel, die nur durch einen schmalen Meereskorridor - dem "Tor zur Hölle" - von der Landzunge vor der Hauptstadt getrennt ist. Sie gehört zum Bezirk Maputo, könnte von der Infrastruktur und den Touristenströmen der Hauptstadt profitieren. Stattdessen soll die HIV-Rate bei 70 Prozent liegen. Von einem südafrikanischen Kreuzfahrtschiff, das weit draußen im Meer ankert, werden die Passagiere mit kleinen Booten an den Strand gebracht, auf Jeeps verladen und zu einer Restaurantmeile im Hauptort gefahren. Wir gehen zu Fuß, vorbei an einer rostigen Markthalle, in der ein paar Kohlköpfe und Zwiebeln ausliegen; auf Holzstegen über ausgetrocknete Mangrovenwäldern, in denen kleine Krebse auf Wasser warten. Grell gestrichene Häuser entlang der Sandpiste quer durch den Ort hinterlassen den faden Beigeschmack einer Hollywood-Kulisse.

Ein neuer Quai für 6000 Menschen

An einem Strompfosten hängt das Bild von Mondlane. Mondlane, dem nach Aussagen der Buchhändlerin 90 Prozent der Mosambikaner anhängen. Nämlich all jene, die sich die Steuern der Regierung selbst für das Radio, die Mautgebühren auf den Ausfallstraßen in die Vororte, die hohen Preise für alle Grundnahrungsmittel nicht leisten können. Mondlanes Regierung ist keine Schattenregierung. Sie ist eine Parallelregierung, deren Macht nur ein paar Kilometer außerhalb der Hauptstadt beginnt.

Nach Inhaca haben die alten Machthaber kürzlich eine rostige Plattform gebracht. Millionen Metical sollen nun endlich in die lang versprochene Maßnahme fließen, den maroden Quai der Insel mit ca 6000 Einwohnern zu reparieren.

"Das ist gut für die Insel, aber schlecht fürs Geschäft", sagt der junge Mann, der unsere Reisegruppe managt. "Wenn der Quai repariert ist, bringen die Kreuzfahrtschiffe ihre Passagiere selbst ans Land. Jetzt werden sie von den Fischern der Insel gegen ein kleines Entgelt aus dem seichten Wasser übergesetzt."

Hummer am "Tor zur Hölle"

Meine Reisegruppe kümmert das wenig. Als wir hören, dass es auf Inhaca heute frischen Hummer gibt, bestellen wir ein paar Platten dazu - zu dem Essen, das wir ohnehin schon in Auftrag gegeben hatten. Derweil sind die Passagiere des südafrikanischen Kreuzfahrtschiffes schon wieder aufgebrochen. Sie feiern in der sengenden Mittagshitze unter den donnernden Lautsprechern einer Strandbar auf der Ilha dos Portugueses. Auf der Sanddüne unmittelbar neben Inhaca wohnt niemand.

Reisetipps für Maputo

Hotel

Hotel Cardoso, EZ mit Meerblick ca 130 Euro / Nacht

Essen

Fundação Fernando Leite Couto, Kultur, Bar und Restaurant, Av. Kim Il Sung, no. 961, Maputo; +258 844336600

Campo de Fiori; Parque Dos Cronistas, Maputo

Ausflüge

Ausflug nach Inhaca über Hotel Cardoso

Maputo Nationalpark, Führungen, Lodges und Schnorkeln auf der Machangulo Halbinsel (Special Reserve) am naturnahen Strand Santa Maria mit Korallenriffen

Sehenswürdigkeiten

Henning Mankells Teatro Avenida, 1179 Av. 25 de Setembro, Maputo (zuletzt geschlossen, jetzt angeblich wieder offen)

Naturkundemuseum Mosambik (derzeit geschlossen) mit angeblich dem einzigen vollständigen Skelett eines Elefanten in Afrika

Bahnhof von Maputo, kaum Zugverkehr, aber Café und Veranstaltungen

Transparenzhinweis: Die Reise nach Mosambik fand im Rahmen einer Kammerpartnerschaft zwischen der IHK Chemnitz und der Chamber of Mines of Mozambique statt, die vom Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit gefördert wird. Der persönliche Reisebericht auf dieser Webseite stellt allein die Meinung und Impressionen der Autorin dar.

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Stephanie von Aretin

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