Fahrradtour "an der Saale hellem Strande"

Die schönste Art, Saale und Unstrut zu erkunden, ist eine Fahrradtour entlang der Flussufer. Noch ist das gut ausgebaute Wegenetz ein Geheimtipp, viel weniger überlaufen als Elbe und Donau. Idyllische Seerosenteiche, sommerliche Kornfelder und der träge Lauf des Flusses sind eine fast meditative Augenweide. Kontrastpunkte setzen Burgen, Mühlen – und natürlich die Weinwirtschaften am Weg.

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Für diesen schönen Sonntag mitten im Juli haben wir uns die Strecke von Weißenfels bis nach Freyburg ausgesucht. Sie ist nur 18 Kilometer lang und daher auch für den Zehnjährigen in unserer Gruppe gut geeignet. Bis Weißenfels nehmen wir den Zug, dann radeln wir mit einem kleinen Abstecher zur Burg Goseck bis zum Blütengrund und von dort an der Unstrut weiter bis Freyburg. Gleich zweimal setzen wir mit der Fähre über den Fluss – es ist einfach zu schön – und brauchen mit kleineren und größeren Pausen rund vier Stunden vom Start bis zum Ziel.

 

Los geht´s in Weißenfels, ehemalige Residenz der Weißenfelser Herzöge, zu DDR-Zeiten ein wichtiger Standort der Schuhproduktion. Ganz unbeschadet ist das Regionalzentrum mit etwa 40000 Einwohnern nicht über die Wende gekommen, das merken wir schon an der gewaltigen Industrieruine direkt gegenüber vom Bahnhof. Doch dann stoßen wir auf den Fluss – und auf zahlreiche Anleger, die vom liebsten Hobby der Weißenfelser erzählen: dem Rudern. Der Weißenfelser Ruderverein wurde 1884 gegründet und brachte zwei Olympia-Sieger hervor! Eindrucksvoll ist auch die Wehranlage vor der Stadt. Auf mindestens 50 Meter wird das Flussbett hier breitgezogen. Es gab furchtbare Überschwemmungen, und der Klimawandel verspricht keine Besserung. Doch wir denken nicht länger an die Schrecken der Zivilisation und tauchen ein in die Natur. Fast menschenleer liegt der asphaltierte Radweg vor uns. In den Auwäldern kühlen die Bäume selbst an einem heißen Sommertag. Ein Teich mit Seerosen schimmert so idyllisch durch die grüne Böschung, als würde er gerade von Claude Monet gemalt.

 

Wir kreuzen die Saale zum ersten Mal nahe Leißling. Für den weiteren Weg nach Naumburg werden uns an der Brücke verschiedene Möglichkeiten angezeigt, und so befragen wir zwei freundliche Passanten. Schloss Goseck sollten wir auf jeden Fall besuchen, raten sie uns - der Blick von dort oben gehöre zum Besten, was die Saalelandschaft zu bieten hat! Hätten wir nur gewusst, dass der Anstieg bis zur Burg auf der Felsklippe 20 Prozent beträgt…

 

Das Herzstück des ehemaligen Klosters und späteren Pfalzgrafensitzes Goseck ist noch heute die Schlosskirche. Die Krypta stammt aus dem 11. Jahrhundert und ist ein weiteres eindrucksvolles Zeugnis der uralten Kulturgeschichte dieser Region. Geschichte und Architektur werden hier nicht schwer verdaulich auf Tafeln erklärt, sondern anschaulich an Hörstationen erzählt.

 

Wir nehmen unter dem 200 Jahre alten Ginkobaum in der Mitte des Burgfrieds Platz und lassen uns mit hausgemachtem Kartoffelsalat, Bockwurst, Schnitzel und Kuchen aus der Schloss-Schenke verwöhnen.

 

Jetzt geht es wieder runter vom Berg. In einem weiten Bogen über das beschauliche Eulau führt uns der Weg zurück an den Fluss. Die Landschaft zeigt sich in ihrem schönsten Sommerkleid, gelbe Stoppelfelder wellen sich sanft, eine alte Bockwindmühle kommt in den Blick. Über einen Schotterweg erreichen wir die Fähre in Schellsitz, verladen unsere Räder und lassen uns am Seil gemächlich ans andere Ufer treiben.

 

Weiter geht´s an Naumburg vorbei, das allein einen Besuch wert ist. Wir dagegen lassen nun alle Zerstreuungen links liegen und setzen am Blütengrund ein zweites Mal mit der Fähre über den Fluss. Hier kreuzen sich die Radwege von Saale und Unstrut. Straußenwirtschaften, Kunst im Klinger-Haus, liebliche Weinberge und der restaurierte Gutspark in Großjena könnten uns aufhalten. Aber wir nehmen nun unbeirrt unser letztes Teilstück bis Freyburg in Angriff. Der Weg führt ab hier an der Unstrut entlang. Eine halbe Stunde noch, dann sind wir am Ziel und lassen einen herrlichen Tag entspannt auf der Terrasse der Freyburger Burgmühle ausklingen. Der Bahnhof Freyburg ist nur noch ein paar hundert Meter entfernt.

erschienen 2021 im Reiseführer Heimatmomente Saale-Unstrut - 40 Mikroabenteuer zum Entdecken und Genießen, 360° Medien, Mettmann

Stephanie von Aretin

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